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Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) | 29.07.2022

Q&A zu Ihren Fragen - Freiwilliger Einsatz von symptomfreien Mitarbeiter:innen mit positivem Coronatest

Fragen und Antworten zur Regelung, wonach am Universitätsklinikum Gießen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit positivem Coronavirus-Test freiwillig arbeiten können, sofern sie symptomfrei sind. Es antwortet der Ärztliche Geschäftsführer am UKGM in Gießen, Prof. Werner Seeger.

(Die Tätigkeit dieser Personengruppe wird in Antwort 4 näher beschrieben)

Frage 1: Was war der endgültige Auslöser, um die Meldestufe – 2 (Gelb) für das UKGM am Standort Gießen auszurufen?

Antwort: Die Zahl der Krankheitsausfälle in allen Bereichen des Klinikums hat einen nie dagewesenen Höchststand erreicht. Dieses betrifft zum einen Erkrankungen, welche unabhängig von Coronainfektionen sind. Zum anderen führt die hohe Dauerbelastung der letzten zwei Jahre vielfach zur Erschöpfung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vermehrt zu Fehlzeiten führt. Insbesondere aber ist die Zahl der durch Coronainfektion bedingten Erkrankungen und/oder Isolationsverpflichtungen dramatisch angestiegen: Im Vergleich zum bisherigen Höchstwert im Dezember 2020 liegen wir gegenwärtig bei 3-fach höheren Werten! Vergleichbare Beobachtungen liegen ja auch bereits an anderen Krankenhäusern in Hessen vor, welche daraufhin die Meldestufe 2 (gelb) eingeleitet haben.

Frage 2: Was bedeutet Risikoabwägung, welche zu dem Ergebnis geführt hat, diese Meldestufe für das Klinikum in Gießen auszurufen?

Antwort: Ich möchte unsere Risikoabwägung an einem Beispiel erläutern. Ein patientenferner, aber für das Funktionieren eines Klinikums der Maximalversorgung unerlässlicher Bereich ist die zentrale Sterilisationsabteilung. Hier werden alle Instrumente für jegliche operative oder auch sonst hygiene-kritische Tätigkeiten im Klinikum aufbereitet. Ohne einen funktionierenden Sterilisationsbereich kann ein Klinikum der Maximalversorgung nicht arbeiten. Am Mittwoch, 27.07.22, befanden sich knapp 10 Prozent der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter im Urlaub (ohne kurzfristig zurück gerufen werden zu können), 12,5 Prozent der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, welche zuvor notdienstmäßig in der Nacht eingesprungen waren, konnten aus diesem Grund nicht eingesetzt werden und insgesamt 38  Prozent der Mitarbeitenden waren erkrankt! Zusammen fehlten somit 60 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dieses führte zu einer dramatischen Funktionseinbuße des Sterilisationsbereiches mit der Konsequenz, das gesamte OP-Programm zu stoppen und weitestgehend nur auf die Durchführung der absoluten Notversorgungseingriffe auszurichten. Sogenannte „elektive“ Eingriffe sind aber keineswegs beliebig zu verschieben, ihr Aussetzen hat vielfach ebenfalls kritische Nachteile für die betroffenen Patienten. Somit ist für jeden nachvollziehbar ist, dass ein solcher Funktionsverlust unausweichlich mit Patientengefährdung verbunden ist und unter Einsatz aller Reserven behoben werden muss. Risikoabwägung bedeutet somit hier, dass eindeutig weniger Patientengefährdung zu erwarten ist, wenn in diesem Bereich unter Wahrung aller Schutzmaßnahmen symptomfreie Mitarbeiter mit Coronainfektion eingesetzt werden, als dass auf diese Maßnahme verzichtet wird mit hieraus resultierender Unterversorgung kritischer Patienten.

Frage 3: Sind nicht die Krankheitsausfälle allein in den Patienten-nahen Bereichen relevant?

Antwort: Nein, das ist nicht der Fall. Ein Klinikum ist eine hochkomplexe Einrichtung, welche nur funktionieren kann, wenn alle Berufsgruppen ihren Aufgaben nachkommen können. Das eben genannte Beispiel des zentralen Sterilisationsbereiches macht dieses deutlich, aber ebenso gilt es für die komplexen Abläufe im Versorgungsbereich, für das Datenmanagement der Patienten, für Hygiene und Reinigungsmaßnahmen usw. Insofern zählt gegenwärtig jede Kraft in allen Arbeitsbereichen, um unseren Aufgaben als Maximalversorger der gesamten Mittelhessischen Region gerecht zu werden.

Frage 4: Was wird denn unter “Vulnerablen Bereichen“ verstanden, wie wird das intern im Klinikum umgesetzt?

Antwort: Laut Erlass soll der Einsatz Corona-infizierter Mitarbeiter in „vulnerablen“ Bereichen möglichst vermieden werden. Hierzu haben wir für unseren internen Ablauf folgendes festgelegt: „Tätigkeiten mit direktem Patientenkontakt können erst aufgenommen werden, wenn der täglich durchzuführende Antigenschnelltest (als Selbsttest) negativ ist“. Tätigkeiten, auch auf Stationen, und in anderen Bereichen ohne direkten Patientenkontakt können dagegen, wie im Erlass definiert, bei Symptomfreiheit und auf freiwilliger Basis durchgeführt werden.

Frage 5: Gibt es bereits Rückmeldung aus dem Kreis der Mitarbeiter zu dem Vorgehen?

Antwort: Hier gibt es ein breites Spektrum von Reaktionen. Diese reicht von Mitarbeitern, welche durch die hohe Belastung der zurückliegenden Monate sehr erschöpft sind und eine coronabedingte „Auszeit“ zur Regeneration nutzen wollen. Auf der anderen Seite gibt es Mitarbeiter, welche sehr froh sind, bei Symptomfreiheit nicht länger von ihrer Tätigkeit im Klinikum fernbleiben zu müssen und ihre Kolleginnen/Kollegen vor Ort gerne unterstützen wollen.

Frage 6: Als wie hoch wird das Ansteckungsrisiko eingeschätzt?

Antwort: Wir haben in der zurückliegenden Zeit der Corona – Pandemie sehr genau analysiert, auf welchem Weg stationäre Patienten im Klinikum eine Coronainfektion erwerben können. Diese Analyse hat gezeigt, dass dieses nahezu ausschließlich über Mitpatienten, welche eine nicht erkannte Infektion mit in das Klinikum hineingebracht haben, und über Besucher (trotz der permanenten Testpflicht) erfolgt ist. Insgesamt sind es relativ zu dem Patientenaufkommen sehr wenige Fälle. Nach der Initialphase der Etablierung aller klinikinternen Schutzmaßnahmen ist eine Infektion von Patienten durch Mitarbeiter des Klinikums quasi nicht mehr aufgetreten. Durch die Regelung, das Arbeiten mit direktem Patientenkontakt erst bei negativem Schnelltest erfolgen dürfen, in Verbindung mit den verschärften Schutzmaßnahmen, erwarten wir, dass sich hieran nichts ändert