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Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) | 29.11.2019

Faktenpapier Universitätsklinikum Marburg zur aktuellen Situation am Universitätsklinikum Marburg (UMR) (Stand 29.11.2019)

Wie beurteilen die Patienten ihre Versorgung am Universitätsklinikum Marburg?
„Unsere regelmäßig durchgeführten Patientenbefragungen in allen Bereichen unseres Hauses zeigen eine sehr hohe Zufriedenheit, nicht nur in der Vergangenheit, sondern gleichbleibend bis heute“, sagt Prof. Dr. Harald Renz, Ärztlicher Geschäftsführer am Universitätsklinikum Marburg. „Den höchsten Grad der Patientenzufriedenheit registrieren wir in Bezug auf unsere Pflegeleistungen. Dies unterstreicht die patientenzugewandte und hoch professionelle Arbeit unseres Personals.“

Wie ist die aktuelle Stellensituation in der Pflege am Universitätsklinikum Marburg?
„Wir haben in der Pflege derzeit alle Stellen besetzt“, sagt die Kaufmännische Geschäftsführerin des Universitätsklinikums, Dr. Sylvia Heinis, und gibt den Hinweis, dass trotz annähernd gleichbleibender Anzahl an Patienten die Zahl der besetzten Pflegestellen erhöht wurde (von 875,9 in 2017 um 8,3 VK auf 884,2 in 2018 und um weitere 24,7 VK auf 908,9 zum Oktober 2019), um das vorhandene Personal zu entlasten. Die Entwicklung der Stellenbesetzung in der Pflege wird jährlich von zwei unabhängigen Wirtschaftsprüfern bestätigt, von dem einer durch den Wirtschaftsausschuss der Betriebsräte beauftragt wird.

Was versteht man unter dem „Pflegestellenförderprogramm 2019“ und was soll mit dem Betriebsrat in Marburg verhandelt werden?
Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (PPSG)“ zum 14.12.2018 ist für das Jahr 2019 eine Neu- und Übergangsregelung für das bis dahin geltende Pflegestellen-Förderprogramm in Kraft getreten. Demnach gilt für das Jahr 2019, dass das bisherige Pflegestellen-Förderprogramm in den Krankenhäusern weiterentwickelt wird, in dem jede zusätzliche geschaffene Stelle und jeder aufgestockte Pflegestelle am Bett zur unmittelbaren Patientenversorgung vollständig nach § 4 Abs. 8 KHEntgG finanziert wird. Voraussetzung hierfür ist die Einstellung von Personal über die durchschnittliche Anzahl an Vollkräfte (VK) oder durch Aufstockung bestehender Teilzeitstellen gegenüber dem Vorjahr. Eine Obergrenze besteht nicht.

Voraussetzung für die Verhandlung mit den Krankenkassen über die Finanzierung der zusätzlichen Stellen bzw. der aufgestockten Pflegestellen ist, dass mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung geschlossen wird, in der ein Korridor beschrieben wird, wie viele Stellen im Jahr 2019 aufgebaut werden sollen. Wichtig ist dabei zu wissen, dass die obere Korridorgrenze so hoch gefasst ist, dass die Zahl der tatsächlich aufgebauten Stellen nicht über diese hinausgeht, da für diesen Fall, diese über die obere Korridorgrenze hinausgehenden Stellen dann nicht mit den Krankenkassen verhandelt werden könnten.
Deshalb haben wir in Gießen (wo der Betriebsrat eine solche Vereinbarung geschlossen hat) und in Marburg eine vergleichsweise hohe Zahl in den Entwurf der Betriebsvereinbarung geschrieben, wohl wissend, dass mit den Krankenkassen nur die tatsächlich zusätzlich besetzten Stellen bzw. die aufgestockten Stellen für eine zusätzliche Finanzierung vereinbart werden können.

Der Eindruck, der jetzt öffentlich verbreitet wurde, dass die Geschäftsführung in Marburg vom Betriebsrat in Marburg die Bestätigung der vollzogenen Einstellung von 60 Vollzeitstellen verlangt hätte, ist falsch. Richtig ist, dass mit dem Benennen der oberen Korridorgrenze mit bis zu 60 Stellen, die besetzt werden sollen, eine ausreichende Sicherheit geschaffen werden sollte, damit mit den Krankenkassen auch wirklich alle Ende 2019 nachweisbaren tatsächlich besetzen Stellen für die zusätzliche Finanzierung über das Pflegestellen-Förderprogramm verhandelt werden können. Dies entspricht der Praxis an vielen Krankenhäusern, insbesondere an anderen Universitätskliniken, und ist keine Besonderheit unseres Klinikums.  

Was passiert, wenn die Betriebsvereinbarung nicht zu Stande kommt?
Wenn der Betriebsrat in Marburg sich nicht überzeugen lässt, dass diese zusätzliche Finanzierung von tatsächlich aufgebauten und nachgewiesenen Pflegestellen durch die Krankenkassen erfolgen soll, muss die Geschäftsführung das Arbeitsgericht anrufen, um dort eine Zustimmung zu der oben beschriebenen Vereinbarung zu erreichen.
Es geht nach heutigem Stand um die zusätzliche Finanzierung von ca. 25 Pflege-Vollzeitstellen, d.h. um ca. 1,25 Mio. Euro. Diese Summe würde wegen der Regelungen des mit ver.di geschlossenen „Tarifvertrages Gesundheit“ unmittelbar über die variable Vergütungsausschüttung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKGM fließen. Schon deshalb ist die Geschäftsführung verpflichtet im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle Anstrengungen zu unternehmen, dass diese für die Besetzung nachgewiesener zusätzlicher Stellen vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten zusätzlichen Mittel von den Krankenkassen an das UKGM fließen, um sie dann direkt an die Mitarbeiter weiterleiten zu können. 

Was ändert sich bei der Finanzierung des Pflegedienstes ab 2020?
Wir erleben gerade den größten Umbruch im deutschen Krankenhauswesen seit 2004. Ab dem 1. Januar 2020 werden die Kosten für die Pflege nicht mehr in den Fallpauschalen für die Kliniken abgebildet, sondern 1:1 bei allen Pflegekräften am Bett von den Krankenkassen erstattet. In Folge dieser gravierenden Veränderung versuchen seit Monaten alle Kliniken in Deutschland, zusätzliche Pflegekräfte für sich zu gewinnen, teilweise durch die Zahlung von üppigen (Ab-)Werbeprämien. Das UKGM lehnt solche Prämien ab und bezahlt sie auch nicht. Insgesamt ist der Wettbewerb aller Kliniken in Deutschland um Pflegekräfte stärker geworden in den zurückliegenden Jahren. Mit solchen Prämien schädigen sich Kliniken aus unserer Sicht nur gegenseitig und am Ende ist niemandem geholfen. Mehr Ausbildung, mehr Angebote zum Wiedereinstieg in den Pflegeberuf, bessere Bedingungen in der Pflege – das sind für uns die Leitideen, an denen wir uns als Universitätsklinikum orientieren.

Wie ist die Vergütungssituation unserer Mitarbeiter?
Wir bieten sowohl unserem Pflegepersonal als auch unseren Ärzten attraktive Gehalts- und Arbeitsbedingungen. In 2019 gab es zum Beispiel für die Pflege zum 1. Januar drei Prozent und im Oktober nochmals ein Prozent mehr Geld. Ferner befinden wir uns derzeit mit der Gewerkschaft ver.di in Tarifverhandlungen zur Eingruppierung und werden diese zeitnah mit einem guten Ergebnis zur Verbesserung von Gehaltsbedingungen abschließen können. Unsere Fluktuationsraten, insbesondere in der Pflege, und die Tatsache, dass wir an beiden Standorten in den vergangenen Jahren Personal für uns gewinnen konnten, zeigen, dass unsere Arbeitsbedingungen attraktiv für unsere Mitarbeiter sind.

Wie sorgen wir für eine moderne und attraktive Ausbildung in der Pflege?
Ab dem kommenden Jahr findet die bislang getrennte Ausbildung von Krankenpflegern, Kinderkrankenpflegern und Altenpflegern unter einem Dach statt. Der Gesetzgeber nennt es „Generalistik“. Obgleich die politische Diskussion darüber seit einigen Jahren stattfindet und der Beschluss des Deutschen Bundestages 2018 ergangen ist, liegen die konkreten Lehrpläne mit neuen Ausbildungsabschnitten und Lerninhalten erst seit einigen Monaten vor. Die Elisabeth von Thüringen-Akademie hat sich frühzeitig mit der Umstellung dieser Ausbildung beschäftigt und die Vorbereitungen für den ersten Kurs ab April 2020 sind in vollem Gange. Treffen mit unseren Kooperationspartnern und Fortbildungen für unser pädagogisches Personal finden derzeit statt. Auch die Arbeitnehmergremien und die Jugendauszubildendenvertreter sind hierbei stets eingebunden.

Wechsel von Pflegekräften nach Gießen – was ist dran an diesem Gerücht?
Es ist so, dass derzeit alle Pflegestellen in Marburg besetzt sind und die sogenannten Poolkräfte gefragt wurden, ob sie freiwillig nach Gießen an das dortige Universitätsklinikum wechseln wollen, damit die beiden derzeit noch geschlossenen Stationen wieder in Betrieb genommen werden können. Wir weisen darüber Bewerber darauf hin, dass in Marburg die Pflegestellen derzeit besetzt sind, wir aber am Universitätsklinikum Gießen noch freie Stellen haben.

Wie wird heute die Körperpflege am Universitätsklinikum Marburg durchgeführt?
Früher war es auch in unseren Kliniken üblich, dass die Körperpflege in der Zeit zwischen vier und sechs Uhr morgens stattgefunden hat. Diesen „alten und wenig patientenorientierten Zopf“ haben wir glücklicherweise abgeschnitten, so Michael Reinecke, Pflegedirektor des Universitätsklinikums Marburg. Heute findet Körperpflege immer dann statt, wenn es notwendig ist, zum Beispiel wenn Patienten stark schwitzen oder das Bett verschmutzt ist. Morgens werden Patienten regelmäßig vor dem Frühstück frisch gemacht, das Gesicht und die Hände gewaschen, die Zähne geputzt, die Haare gekämmt und das Bett gerichtet, damit der Patient mit einem guten Gefühl frühstücken kann.

Wann werden Magensonden gelegt?
Zur Ableitung des Magensaftes und zur Sicherung der freien Luftwege kann es bei manchen Krankheitssituationen notwendig sein, eine sogenannte Magensonde zu legen. Die Pflegefachkräfte haben dies in ihrer Ausbildung erlernt und die Legung einer Magensonde findet immer nur auf ausdrückliche Anordnung des verantwortlichen Arztes statt.

Wie gehen wir mit „Fixierungen“ um?
In den Kliniken der RHÖN-KLINIKUM AG werden Fixierungen und damit im unmittelbaren Zusammenhang stehende Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich von einem Arzt schriftlich und damit nachvollziehbar angeordnet. Nur bei einem dringenden Handlungsbedarf bei Selbst- oder Fremdgefährdung ist das Pflegepersonal auch ohne vorherige ärztliche Anordnung berechtigt, eine Fixierung sofort einzuleiten. Die schriftliche Anordnung des Arztes ist danach unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) nachzuholen.
Ein Arzt kann eine Fixierung/ Freiheitsentziehende Maßnahme aus oben genannten Gründen zwar anordnen und bei Selbst- und Fremdgefährdung („Gefahr in Verzug“) durchführen, jedoch muss eine rechtliche Grundlage umgehend geschaffen werden. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/16) ist für jede Fixierung, die nicht nur kurzfristig ist, eine richterliche Genehmigung erforderlich. Von einer kurzfristigen Maßnahme ist in der Regel auszugehen, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde nicht überschreitet. Für den Bereich der Psychiatrien wurde dies durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eindeutig klargestellt.

Was ist eine Rufbereitschaft?
Die Rufbereitschaft ist eine besondere, tarifvertraglich geregelte Form des Bereitschaftsdienstes. Dabei muss der Arbeitnehmer, ohne persönlich am Arbeitsplatz anwesend sein zu müssen, erreichbar sein, um auf Abruf die Arbeit aufnehmen zu können.
Der Arbeitnehmer darf sich während der Rufbereitschaft an einem von ihm selbst gewählten Ort aufhalten. Im Krankenhaus sind Rufbereitschaften in speziellen Bereichen nachts und an den Wochenenden erforderlich. Wir setzen Rufdienst in Bereichen ein, in denen nicht regelhaft ein Patient behandelt werden muss, aber wenn eine Behandlung erforderlich wird, gibt es speziell in diesem Bereich ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die innerhalb von 30 Minuten in der Klinik sein können. Die Zeit des Rufbereitschaftsdienstes wird vergütet. Bereiche, in denen Rufdienst regelhaft geplant wird, sind zum Beispiel das Herzkatheterlabor, die Urologie und auch bestimmte Operationsbereiche. Es gilt hier immer der Grundsatz, dass wir für jeden Patienten der mit Problemen zu uns kommt, 24/7 zur Verfügung stehen. Rufbereitschaftsdienst ist daher ein Bestandteil der vergüteten Arbeitszeit.